schamanische Ritualkunst



Ritualkunst ist eine Form der Kunst, die im wesentlichen der spirituellen Praxis dient, d.h., dass diese eigentlich wichtiger ist als der kreative, künstlerische Aspekt. Wenn ich in der wilden Natur Steinkreise oder kleine Stupas errichte, dann drücke ich damit meine Kreativität aus. So gesehen ist auch diese Kunst kreativer Selbstausdruck. Es handelt sich aber nicht um irgendwelche Installationen, die man distanziert betrachten soll, sondern um spirituelle, künstlerische Objekte, die in einem tiefen, engen Bezug zu einer gelebten Spiritualität stehen.



Ein großer Teil der heutigen Kunst ist ausgesprochen subjektiv. Der Ausdruck, die Selbstdarstellung, die Feier des eigenen Egos stehen im Mittelpunkt. Bei der Ritualkunst ist das nicht der Fall. Sie dient eher der Spiritualität, sie dient der Göttin, der Weißen Tara, Mutter Erde etc. Aus diesem Grunde errichte ich diese Kunstwerke in der wilden Natur, die mein spiritueller, schamanischer Raum ist, und lasse sie dort. Zur Dokumentation und Erinnerung fotographiere ich sie, aber auch nicht immer. Das Wesentliche, die spirituelle Handlung, der Gesang und die Gebete etc. lassen sich ohnehin nicht festhalten.



Die Veränderungen in der Natur werden selbstverständlich behutsam vorgenommen, damit sich die Ritualkunstwerke in die Natur integrieren, so wie die Bäume oder Steine, die sich bereits dort befinden. Für die Kunstwerke verwende ich oft auch nur Teile,die ich an einem bestimmten Platz finde.

Die Fotos kann man betrachten und ihre Schönheit, Besonderheit und Bedeutung schätzen. Oder man kann sich von ihnen inspirieren lassen. Wer jedoch das Eigentliche, den Kern verstehen will, der muss hinaus in die wilde Natur gehen, der muss am Ritual teilnehmen, der muss trommeln, meditieren, singen und beten. Mal schauen und wieder gehen, das ist kein Weg, der in die Tiefe führt. So gesehen ist Ritualkunst das Gegenteil der heutzutage beliebten Show und Distanz. Ritualkunst ist absolut keine Repräsentationskunst und kein Entertainment.

Es ist gut und richtig, dass diese Ritualkunstwerke wieder zerfallen. Sie bleiben in der wilden Natur. Sie gehören der Erde, Mutter Erde. Viele sind nicht einmal auffindbar, weil sie bewusst von mir versteckt oder sogar vergraben wurden.



Diese Art von schamanischer Kunst kann sicher nur der nachvollziehen, der das schamanische Weltbild teilt, für den die Natur also ein heiliger,beseelter Raum ist. Ritualkunstwerke entstehen an besonderen Plätzen der wilden Natur, an Plätzen der Kraft und des Geistes, an "sacred sites". Man sollte außerdem wissen, was es bedeutet, für seine Spiritualität etwas zu geben, hinzugeben, zu opfern. Wer das versteht, egal ob er sich nun Schamane, Christ, Buddhist etc. nennen mag, versteht die eigentliche Intention.